benajas apologetische Denkwerkstatt
 

 

Download [95 KB]: Druckversion (2 x A4)

Biblische Heilsgeschichte kurz gefasst:

Warum vier Evangeliumsberichte?
Ihre Verschiedenheiten, ihre Gemeinsamkeiten

Zweck der Untersuchung:

In scharfer Abgrenzung gegenüber späteren „Jesus“-Legenden und mythisch ausgeschmückten Nacherzählungen aus der esoterisch-gnostischen Szene hat die Jesus-gläubige Gemeinde seit alters festgehalten, dass es diese vier authentischen Berichte über ihren Herrn und Erlöser sind, die Gott ihr hinterlassen hat: ein 4-fältiges Zeugnis des einen „Evangeliums“ nach Matthäus, Markus, Lukas und Johannes [griech. euangelion für: „die gute Kunde“, „die Freudenbotschaft“].

Genügt nicht eine Jesus-„Biographie“? Nein, und dies aus mehreren Gründen!

„Erst aufgrund der Aussage von zwei oder von drei Zeugen soll eine Sache endgültig entschieden werden.“
(Deut. 19,5, Übersetzung nach Hermann August Menge, Prof. Dr. phil. Dr. h.c.)

1. Glaubwürdige Zeugen

Zunächst liegt der Notwendigkeit eines Mehrfachzeugnisses ein unverbrüchliches Prinzip biblischer Rechtsnormen zugrunde: Die Bezeugung eines Ereignisses oder einer Anklage gegen jemanden durfte von Richterseite nur dann angenommen werden, wenn der Sachverhalt von mindestens zwei oder drei glaubwürdigen, von einander unabhängigen Zeugen bestätigt werden konnte. Gemäß diesem Rechtsprinzip sollte gerade hinsichtlich dieser entscheidenden heilsgeschichtlichen Zeitenwende vom Alten zum Neuen Bund Gottes die Nachwelt auf mehrere Berichte von Augen- und Ohrenzeugen bzw. aufgrund von gewissenhaften Recherchen unter Zeitzeugen (Luk. 1,1-4) über die Person des geoffenbarten messianischen Erlösers zurückgreifen können (vgl. auch Apg. 2,32; 3,15; 2.Petr. 1,12-21; Hebr. 2,3-4 u.a.).
Mit den vier historischen Evangeliums-Dokumenten ist diese biblische Mindestanforderung („zwei oder drei“) übertroffen. So ist der ausreichende Nachweis erbracht, dass die Ereignisse um Jesus nicht etwa einer irregeleiteten oder übersteigerten Fantasie eines Einzelnen entsprungen sind, sondern auf einer breiten Übereinstimmung vieler Zeugen beruhen, was seine Herkunft, seine Lehren und Taten, die Umstände seines gewaltsamen Todes und seine Auferstehung und „Hinauf“-Entrückung betrifft.

2. Die Fülle des Erlösers
Ein weiterer, nicht weniger wichtiger Grund, warum es mehrerer – genauer gesagt deren vier – Evangelienberichte bedurfte, liegt wohl darin, dass dieses einzigartige Leben des Zimmermannssohns Jesus von Nazareth zu viele Bedeutsamkeiten aufweist, als dass es in einer einzigen Darstellung ausreichend beleuchtet werden könnte.

So lassen sich vier unterschiedliche und doch einander erstaunlich ergänzende Perspektiven derselben Person herausarbeiten:

Matthäus …
… verfasst seinen Bericht mit besonderem Augenmerk auf Israels Erwartung des davidischen Messiaskönigs. Er belegt, dass dessen geweissagte Kennzeichen auf Jesus von Nazareth zutreffen. Dieser kündigte die bevorstehende Aufrichtung seines „Königreichs der Himmel“ zunächst selbst an (4,17), erwählte zwölf Gesandte („Apostel“) und sandte sie mit dieser Botschaft zu den „verlorenen Schafen des Hauses Israel“ (Kap. 10). Indem er die Zwölf als geistliche Regenten über das messianische 12-Stämme-Volk berief (10,28), kündigte er zugleich das baldige Endgericht über die korrupte religiöse und politische Führerschaft des fleischlichen 12-Stämme-Volks an (Kap. 21-24). Dieses verwarf ihn und verurteilte ihn zum Tode (26,59-67; 27,20-26). Doch wurde er durch die leibliche Auferweckung als Sohn und einzig rechtmäßiger Erbe Davids von Gott bestätigt, zum Richter und Priesterkönig über Israel erhöht und ihm darüber hinaus universelle Vollmacht („im Himmel und auf Erden“) verliehen, in der er seine Apostel (s.o.) als Repräsentanten des nunmehr universellen messianischen Friedensreiches beauftragte, unter seiner unsichtbaren Gegenwart und Begleitung auch „alle in den Völkern zu Jüngern zu machen“, zu taufen und zu lehren, damit sie alles, was er ihnen geboten hat, halten und bewahren (28,18-20). So werden auch die aus nichtjüdischen Völkern hinzu kommenden Jünger als gleichberechtigte Teilhaber und Bürger in das erneuerte Israel Gottes „einverleibt“ – zu einem Heilsvolk in dem einen Geist des Messias, ohne Unterschied blutsmäßiger Herkunft oder äußerlich-fleischlicher Merkmale (12,46-50; vgl. Eph 2; Röm 2,28-29; Gal 6,15-16; 2.Kor. 5,17).

Die Erfüllung dieser Erwartung des rettenden, erlösenden Messias ( = des Christus *, deutsch: des Gesalbten) als in Ewigkeit herrschender Nachkomme des Königs David (1,6, vgl. 22,41-46), des geweissagten Löwen aus dem Stamm Juda“ gemäß Jakobs Segen (Gen. 49,8-12, vgl. Offb. 5,5), dokumentiert Matthäus insbesondere für die schriftkundigen jüdischen Theologen anhand zahlloser Belegstellen aus den alten prophetischen Schriften Israels (Thora, „Mose und die Propheten“, „Altes Testament“).

Beispiel aus 1,21: „[…] dem du den Namen ‚Jesus’ geben sollst; denn er ist es, der sein Volk von ihren Sünden erretten wird.“ (Erfüllung wörtlicher Ankündigungen wie z.B. von Psalm 130,8; dazu H. A. Menge: „Jesus, hebr. Jeschua (ältere Form: Jehoschua = Josua), bedeutet 'Gott [eig. JHWH] ist Hilfe oder Rettung', also = 'Gotthilf'.“).

* Zum Begriff „Christus“ schreibt Prof. Herbert Jantzen in seinem „Neuen Testament in deutscher Fassung“ (2007):

„Der Gesalbte (gr.: Christos); der Messias (hebr. Maschiach); gemeint ist der im Alten Testament geweissagte, mit dem göttlichen Geist begabte (d.h. gesalbte) Priesterkönig (Psalm 2,2; Dan. 9,25.26; Sach. 6,13).“

Markus …
… dagegen stellt Jesus besonders den stolzen Römern, die sich als Herrenvolk fühlten, als gehorsam dienenden und tatkräftigen Knecht Gottes vor – symbolisch gleich einem kraftvollen, unter Joch eingespannten Ochsen –, und daher auch ohne Abstammungshinweise (für Römer bedeutungslos), wie auch die Herkunft eines Sklaven ohne Belang ist. Vom Beginn weg handelt dieser treue Knecht bei Markus in der Kraft Gottes, der ihn beauftragt hat, stets sogleich („alsbald“) und ohne zu zögern. Denn dazu ist er gekommen, „nicht um sich bedienen zu lassen, sondern um selbst zu dienen und sein Leben als Lösegeld für viele hinzugeben.“ (10,45 vgl. Jes 53,4-5).

Lukas …
… jedoch, aus der Welt des Hellenismus stammend, zeigt Jesus vor allem den Griechen als den wahren Menschen, als Verwirklichung des humanistischen Ideals ihrer Philosophen, welches freilich keiner der Ihren erreichen konnte. Von Lukas erfahren wir eine Reihe menschlich bewegender Gleichnisse wie das von der Rettung eines hilflos überfallenen Juden dank einem selbstlos-barmherzigen Reisenden, der aus dem von den Juden verachteten Nachbarvolk der Samariter stammte (10,25-39), oder das Gleichnis von der liebevollen Aufnahme des reumütig zurückgekehrten „verlorenen Sohnes“ durch seinen vergebungsvollen Vater (15,11-32).

Gleichzeitig jedoch lernen wir ebenso die Gerechtigkeit und das unbestechliche Richteramt des „Menschensohnes“ kennen: Verdiente Vergeltung („Rache“, 21,22) für begangenes Unrecht und vergebende Gnade schließen einander nicht aus, sondern ergänzen einander – freilich: echte Reue des Schuldigen und vollzogene Umkehr als unabdingbare Voraussetzung dazu (18,9-14; 19,8-10).

Johannes …
… schließlich, der Verfasser des „Vierten Evangeliums“ (W. Lüthi), stellt Jesus in besonderer Weise als den ewigen, aus gottgleicher Präexistenz (1,1ff; 5,18; 6,62) vom Himmel „zu den Seinen“ (1,11) „herab kommenden“ (3,13.31; 6,38.41), souveränen Gottessohn dar, der gleichsam wie ein Adler seine Jungen unter seine Fittiche sammelt (1,11-12; 11,51-52; vgl. Ex. 19,4; Deut. 1,31; 32,11) und sich in seinen sieben „ICH-BIN“-Reden (6,48; 8,12; 10,9.11; 11,25; 14,6; 15,1) als der ewige Schöpfer selbst (1,3) zu erkennen gibt. So erscheint Jesus bei Johannes vor allem (aber nicht nur) als hoch über allem Menschlichen Erhabener, der „eher war“ als der vor ihm geborene Johannes der Täufer (1,15) und der in ultimativer Überhöhung sogar seinen irdisch-menschlichen Stammvater Abraham überragt („Ehe Abraham wurde, BIN ICH“, 8,56-58; vgl. hebr. „JHWH“ in der Bedeutung: „der ICH-BIN“, Ex. 3,14f). Seine Vollmacht sprengt alle menschlichen Kategorien, er ist Herr über Leiden, Tod, Verwesung und Auferstehung (5,24-29; 11,43f) – sogar bei sich selbst (10,11.17-18) – und bleibt auch noch im eigenen Leidens- und Kreuzweg über seinen Anklägern, Häschern und Peinigern majestätisch-erhaben (18,6.37). Aus der Vielzahl gewirkter messianischer Wunder hat Johannes exemplarisch sieben Zeichen ausgewählt (2,11; 4,54; 5,9; 6,11; 9,7; 11,44; 21,6) und mit der Absicht aufgeschrieben, auf dass seine Leser „glauben, dass Jesus der Messias ist, der Sohn Gottes“, und „dass sie im Glauben ewiges Leben haben in seinem Namen“ (20,31; vgl. 21,24-25).

Zur Verfasserschaft des Johannes-Evangeliums
Zwar wird diesem Johannes, der von sich selbst nur in der dritten Person schreibt, von bibelkritischer Seite die Verfasserschaft des vierten Evangeliums abgesprochen und das Abfassungsdatum willkürlich in das 2. Jahrhundert verlegt. Dies entbehrt jedoch jeder Plausibilität, konnte doch nur ein ortskundiger Augenzeuge diese vielen, bei der Zerstörung Jerusalems (70 n.Chr.) untergegangenen und verschütteten und erst im 20. Jhdt. wiederentdeckten und ausgegrabenen Örtlichkeiten so genau beschrieben und namentlich bezeichnet haben wie z.B. die fünfteilige Säulenhalle von Bethesda (5,1ff) oder das Steinpflaster Gabbatha vor dem römischen Prätorium (19,13). Als ein Abkömmling aus priesterlicher Familie hatte er Zugang zum Palast des Hohenpriesters und konnte deshalb auch Petrus gegenüber der Türhüterin Eintritt in den Hof verschaffen (18,15f), wo Jesus nach der Festnahme dem Alt-Hohenpriester Hannas vorgeführt wurde. So war es auch dieser Johannes, der uns die letzten Stunden der Gegenwart Jesu unter seinem engsten Jüngerkreis (Kap. 13-16) mit dessen „hohepriesterlich“ genannter Fürbitte vor dem Vater als Höhepunkt seines Evangeliumsberichts (Kap. 17) am ausführlichsten und über weite Strecken als einziger überliefert hat.

„Das Aussehen der  v i e r   G e s i c h t e r “ (Hes. 1,10)

Mit diesen vier einander ergänzenden Darstellungen der Person Jesu wird zugleich erfüllt, was sechshundert Jahre davor dem Propheten Hesekiel vorbildhaft vor Augen geführt worden war – die vierfache Herrlichkeit des heiligen und ewigen, unvergänglichen Erlöser-Gottes, symbolhaft charakterisiert durch „das Aussehen“ von vier „Gesichtern“: eines Löwen, eines männlichen Rindes, eines Menschen und eines Adlers.

So erweist sich, dass diese 4 Evangeliumsberichte mit ihren unterschiedlichen und dennoch einander ergänzenden Besonderheiten nicht auf Zufall oder menschlicher Willkür beruhen, sondern auf prophetischer Offenbarung des Raum und Zeit umspannenden Geistes des Gesalbten (Joh. 14,26; 15,26; 16,12-13.25; vgl. Röm. 16,25-27; vgl. Petrus’ Bestätigungen in 1. Petr. 1,3-12 und 2. Petr. 1,12-21).

© www.benaja.at - verfasst 2009, ergänzt 2011

Tabellarische Gegenüberstellung aus den 4 Evangeliumsberichten:

Evangelium nach:
Matthäus
Markus
Lukas
Johannes
Darstellung des Messias als: Der verheißene König Der gehorsame Knecht Der vollkommene Mensch Der göttliche Sohn
Beschreibung: Königliche Gewalt und demütige Gnade von Israels Retterkönig Wunderkräfte im Dienst an Menschen durch den gottgesandten Knecht Ethische Vollkommenheit und warmes Mitgefühl des vollkommenen Menschen Göttliche Erhabenheit über der Welt
und Gemeinschaft mit den Seinen
Wesensart
nach Hes. 1,10
wie ein Löwe wie ein Ochse wie ein Mensch wie ein Adler
Spross des Alten Testaments: Davids rechtmäßiger Spross (Jer. 23,5-6) Mein Knecht, der „Spross“ (Sach. 3,8) Der Mann, dessen Name „Spross“ ist (Sach. 6,12-13) Der Spross Jahwes
Schlüsselwort: „erfüllt“ „alsbald“ („sogleich“) „Sohn des Menschen“ (Jes 4,2) „glauben“
Leserschaft: Juden (Jesus, Sohn Davids und Abrahams) Römer (Handlung: keine Abstammung) Griechen (Jesus, Sohn Adams) Gemeinde (Jesus,
Sohn Gottes von Ewigkeit her)
Stil des Schreibers: Lehrer Prediger Schriftsteller, Historiker Theologe
Besonderer Charakter: prophetisch praktisch geschichtlich geistlich
Betonung: Predigten Wunder Gleichnisse Lehre
Merkmale: Gesetz Kraft Gnade Herrlichkeit
Art des Selbstopfers: Schuldopfer Sündopfer Friedensopfer, Speiseopfer Brandopfer
Wirken: nach außen öffentlich galiläisch, irdisch innerlich, persönlich, jüdisch, himmlisch
Gegend:
G a l i l ä a
Judäa (Jerusalem)
Bezeichnung:

vorrangige Datstellung
der Natur des Messias:
Die „synoptischen Evangelien“ – „synoptisch“ = aus gemeinsamem Blickwinkel betrachtet.

Sie lassen vorrangig die menschliche Natur des Messias erkennen,
seine gehorsame Unterordnung gegenüber dem, der ihn geschickt hat,
seine Niedrigkeit, sein stellvertretendes Leiden und Sterben, sein Mitleid.
Das „vierte Evangelium“ betont vorrangig
(1) die Göttlichkeit des Messias,
(2) die Souveränität des Sohnes Gottes gegenüber den Menschen und
(3) sein Einssein mit Gott, dem Vater.

Weitere Apologien des Verfassers unter: www.benaja.at

Zurück zum Inhaltsverzeichnis (Bibel- und Religionswissenschaft)

Zum Inhaltsverzeichnis (gesamt)

Zur Startseite