benajas apologetische Denkwerkstatt
 

 

 

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DIE FRAGE NACH GOTT UND SEINER WESENSART
Trilogie Teil 2: Der Vater, der Sohn, der Heilige Geist

 

Vorbemerkung

Diese Betrachtung schließt inhaltlich an Teil 1 der Trilogie an (Gott – Sein oder Nichtsein?), welchen zuerst zu lesen empfohlen wird.

Die Frage nach der Wesensart Gottes in der Theologiegeschichte des Monotheismus ist untrennbar mit der Frage nach der „Natur“ des Messias (Christus) verbunden, der im Alten Testament verheißen und gemäß den Zeugnissen des Neuen Testaments in dem Kommen Jesu von Nazareth erfüllt worden ist.
Zur thematischen Aufbereitung wurde nachfolgend das Stilmittel von Frage und Antwort gewählt.

Begriffserklärung zum Verständnis von „Dreieinigkeit“

Beim Lesen der Bibel fällt mir auf, dass darin der Ausdruck „Trinität“ oder „Dreieinigkeit“ nicht vorkommt. Welche Berechtigung hat er dann in der biblisch orientierten Theologie?

Tatsächlich sind diese Begriffe im biblischen Sprachgebrauch nicht enthalten. Erst im 2. Jahrhundert nach Christus wurde dieses Wort in die christliche Theologie eingeführt. Trotzdem ist es nicht falsch, ihn zu verwenden, wenn man weiß, welches biblische Verständnis dahinter steht und welches nicht.

Wie ist Trinität  n i c h t  zu verstehen?

Vor allem einmal als Dreigottglaube, indem die Einheit des Wesens Gottes verneint wird und drei verschiedene Götter unterschieden werden...

.... wie etwa manche hinduistische Sekten von der „Dreifaltigkeit“ Brahma (Schöpfer), Vishnu (Erhalter) und Shiva (Zerstörer) sprachen, oder die alten Babylonier eine oder sogar mehrere solcher Göttertriaden verehrten. Aber könnte dies nicht auch ein Hinweis darauf sein, dass das frühe Christentum solche Anschauungen christlich modifiziert übernommen hat?

Keineswegs. Es besteht ebenso wenig ein solcher Zusammenhang, wie sich eine Beeinflussung der Verkündigung der frühen Christen durch die Mysterien- und Fruchtbarkeitsreligionen, z.B. bezüglich eines sterbenden und auferstehenden „Gottes“ nachweisen ließe. Diese scheinbaren, formalen Parallelen können, bei näherer Betrachtung, nicht über den himmelweiten inhaltlichen Unterschied hinwegtäuschen. Aber um teilweise übrig gebliebene, jedoch völlig verzerrte Reste einer Uroffenbarung Gottes könnte es sich bei solchen Dreigötter-Vorstellungen handeln.

Müssen wir also unter dem dreieinigen Gott der Bibel zwar eine Trinität der Offenbarung, nicht aber der Person verstehen?

Eben nicht. Dies wäre das andere Extrem! Sabellius hat im 3. Jahrhundert gelehrt, dass Vater, Sohn und Geist nur drei verschiedene Benennungen ein und derselben göttlichen Person seien, so wie ein und derselbe Mensch zugleich Künstler, Lehrer und Freund oder auch Vater, Sohn und Bruder sein kann; Gott („Gottvater“, „Sohnvater“) habe drei verschiedene Erscheinungsformen: als Vater sei er der Schöpfer und Erhalter, als Sohn Fleisch geworden, um den Dienst der Erlösung zu vollbringen, und als Heiliger Geist vollbringe er das Werk der Wiedergeburt und Heiligung. Dies widerspricht aber dem, was wir nach den Aussagen der Heiligen Schrift von dem dreieinigen Gott erkennen! Schon im Alten Testament wird Jesus des öfteren deutlich vom Vater und vom Heiligen Geist unterschieden. Das sogenannte Athanasianische Glaubensbekenntnis, das von christlichen Apologeten zwischen dem 4. und dem 6. Jahrhundert formuliert wurde, ist eine der klarsten Richtigstellungen zu diesem Thema.

Ich habe in dem Zusammenhang eine Schwierigkeit, die mir zu schaffen macht. Ich sehe zwar, dass es viele Aussagen in der Bibel gibt, aus denen man sehr deutlich die Göttlichkeit Jesu erkennt, sei es direkt, dass Jesus als Herr und Gott angesprochen wird, sei es indirekt, dass er verehrt und angebetet wird oder ihm göttliche Eigenschaften wie Ewigkeit oder die Macht der Sündenvergebung zugesprochen werden. Es gibt jedoch auch Verse wie Markus 13,32, 6,6 oder 11,13, die das Gegenteil zu zeigen scheinen, nämlich seine Begrenztheit. – Wie komme ich damit zurecht?

Wir müssen dabei in Betracht ziehen, dass Jesus in den Tagen seiner Selbsterniedrigung die unabhängige Ausübung seiner göttlichen Eigenschaften auslieferte und sich in eine freiwillige Beschränkung und Abhängigkeit vom Vater begab. So hat der Vater in diesen zitierten Fällen dem Sohn nicht den Gebrauch seiner Allwissenheit zugelassen. Zweifellos weiß der Herr Jesus nun – nach seiner Rückkehr in die Himmelswelt – etwa das Datum des Endes der irdischen Geschichte! Überdies gibt es nur ganz wenige solcher Stellen, die bezeichnenderweise vor allem im Markus-Evangelium genannt werden, also in dem Evangelium, in welchem Jesus in besonderer Weise als der Dienende, der gehorsame Knecht, der sich selbst erniedrigt (10,45), dargestellt wird.

Der dreieinige Gott im Alten Testament

Du hast Jesus im Alten Testament erwähnt. Inwiefern kommt dort auch seine Göttlichkeit zum Ausdruck?

Vor allem in den sogenannten „Theophanien“, den alttestamentlichen Gotteserscheinungen. Da zwar einerseits laut Heiliger Schrift niemand Gott je gesehen hat (Joh. 1,18a), müssen wir andererseits diese Erscheinungen, von denen gesagt wird, dass sie göttlich sind, als Erscheinungen des Sohnes deuten (Joh. 1,18b). Ganz klar ist dies bei dem im Alten Testament oft vorkommenden Ausdruck „DER (nicht: ein) Engel des Herrn“. Dieser wird mit dem Herrn (JHWH) identifiziert und doch unterschieden, z. B. in Richter 13.

Ein anderer interessanter Hinweis ist, dass Gott an manchen Stellen die Fürwörter, die er auf sich bezieht, in der Mehrzahl anstatt in der Einzahl verwendet, und dass auch Elohim (Gott) die Mehrzahlform darstellt, während gleichzeitig die darauf bezogenen Zeit- und Eigenschaftswörter in der Einzahl gebraucht werden, was offenbar so zu verstehen ist: Mehrheit innerhalb der einen Gottheit.

Dreieinigkeit, Offenbarung und Verstand

Von manchen Sekten wird den Christen bisweilen entgegengehalten, dass sie sich mit dem billigen Hinweis, es handle sich um ein letztlich nicht erklärbares Geheimnis, jeder logischen Erklärung der Trinität entziehen.

Zunächst muss man sehen, dass das dreipersönliche Wesen Gottes in Vater, Sohn und Heiliger Geist nicht Produkt des natürlichen menschlichen Verstandes ist, sondern Ergebnis der Offenbarung von Gott her! Es handelt sich dabei allerdings nicht um eine in der Bibel offenliegende dogmatische Formel, die jedem oberflächlichen oder gar voreingenommenen Leser sofort ersichtlich ist, sondern um eine Art Indiziennachweis, der sich aus zahllosen, z.T. sogar verborgenen Hinweisen zusammensetzt, die zu entdecken es Voraussetzungen nötig hat und etwas kostet (1. Korinther 2,10-16; Apostelgeschichte 17,11).

Gott hat sich nicht festgelegt, uns alles zu sagen. Was er uns aber geoffenbart hat, wollen wir festhalten. Nämlich: dass ein einziger Gott ist und dass Vater, Sohn und Heiliger Geist zugleich drei voneinander unterschiedliche göttliche Personen sind. Was er uns nicht offenbart, bleibt für uns tatsächlich ein Geheimnis (Deut. 29,28 bzw. 29) und kein Anlass zu Spekulationen, nämlich – in unserem Fall –, wie dies verstandesmäßig zu erfassen ist.

Wesensunterschiede zwischen ein- und dreipersönlichem Gott

Macht es einen wesensmäßigen Unterschied, ob Gott „alleine“ oder in drei Personen ist?

Der grundsätzliche Unterschied ist wohl das Wesen seiner Liebe. Es erschiene mir undenkbar, dass Gott, von dem nicht nur gesagt wird, dass er liebt, sondern dass er sogar die Liebe  i s t ,  eine ein-persönliche Wesensart haben könnte, denn neutestamentliche Liebe, (griech.:) Agape, fordert ein Objekt, ein Gegenüber, sonst kann sie nicht hingebende Agape-Liebe sein, sondern wird zur Eigenliebe.

Liebe war jedoch schon vor jeder Schöpfung Liebe, die nur im Austausch mit einem bewussten Du möglich ist. Und weil Liebe vor jeder Schöpfung war, kann der Sohn Gottes nicht selber Geschöpf sein, sondern muss von Ewigkeit her existiert haben – ohne Anfang (vgl. Hebr. 7,3). Liebe besteht seit Ewigkeit unter den Personen der Dreieinigkeit. Die Personen der Gottheit stehen in einer Beziehung vollkommener Harmonie und Gemeinschaft zueinander.

Heilsbedeutsame Aspekte der Dreipersönlichkeit Gottes

Wie ist aber die Beziehung zum Zeitpunkt der Kreuzigung zu verstehen?

Da sprichst Du einen wichtigen Punkt an. Es gab eine einzige Ausnahme, bei der diese vollkommene Gemeinschaft unterbrochen war:
Als der Sohn Gottes „zur sechsten Stunde“ ans Kreuz geschlagen und dadurch zum „Sündenbock“ (vgl. Lev. 9,15; 16,20-22) und „für uns zur Sünde gemacht wurde“ (2. Kor. 5,21), kam bis zu seinem Tod „zur neunten Stunde“ eine Finsternis über das ganze Land (Luk. 23,44). Diese Verfinsterung im (un-) „heiligen“ Land entsprach im sichtbaren Bereich dem, was sich unsichtbar vollzog: Jesus als der gehorsame Knecht Gottes (Jes. 53; Phil. 2,6-8) nahm den gerechten göttlichen Zorn, das Strafgericht des heiligen und gerechten Gottes über die Sünde des Volkes und der Menschheit und damit das Getrenntsein von ihm stellvertretend auf sich (Joh. 11,49-52). Das Grauen dieser abrupten Unterbrechung der bis dahin ungetrübten Gottesgemeinschaft wird in dem Schrei des Sohnes erahnbar: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!“ (Matth. 27,46; vgl. Psalm 22,2). Statt, wie manche unterstellen, er sei gescheitert, hat er damit viel mehr sein Erlösungswerk für uns und aus Liebe zu uns vollbracht (Joh. 3,16; 5,24; 19,30; Hebr. 10,14).

Nun hast du einen großen praktischen Wert der biblischen Lehre von der Dreipersönlichkeit des einen Gottes aufgezeigt: Die Tatsache, dass nur sie ewige Liebe vorstellbar und glaubwürdig macht, zeigt eigentlich, dass es doch nicht nur um eine rein akademische Frage geht.
Hat sie auch weitere Heilsbedeutungen?

Gewiss, sogar heilsentscheidende Bedeutsamkeiten:

Folgendes Zitat bringt dies auf den Punkt:

„Wenn keine Dreieinigkeit wäre, könnte es keine Menschwerdung geben, keine objektive Wiedergutmachung und somit keine Rettung; denn da wäre niemand imstande, als vollkommener Mittler zwischen Gott und den Menschen aufzutreten.“
(Boettner, L.: Studies in Theology, 1964, p. 135)

Glaubensbekenntnis zum Wesen des dreieinigen Gottes

Systematisch-theologisch entsprechend den biblischen Schriften können wir die Dreiheit des Wesens Gottes in folgendem Bekenntnis zusammenfassen:

 

Der Vater

Wir glauben an Gott den Vater, der in unzugänglichem Lichte wohnt; er ist erkennbar in dem Maß, als er sich selbst in Wort und Tat geoffenbart hat. In seiner Barmherzigkeit und Gnade nimmt er alle als Kinder an, die sich von ihrer Sünde abkehren und sich Jesus Christus als persönlichen Retter und Herrn anvertrauen.

Der Sohn

Wir glauben an Jesus Christus, den ewigen Gottessohn, den der Vater gesandt hat, um uns mit sich selbst zu versöhnen und uns von der Sünde und dem ewigen Tod zu erlösen. Jesus wurde empfangen durch den Heiligen Geist und geboren von der Jungfrau Maria. Daher ist er wahrer Gott und wahrer Mensch nach der Schrift. Er führte ein vollkommenes, heiliges, sündloses Leben. Nach dem Erlösungsplan Gottes erlitt er Kreuzigung und Tod um unserer Sünde willen. Er ist auferstanden von den Toten und hat sich dann für immer zur Rechten Gottes gesetzt, wo er jetzt für alle, die glauben, eintritt und Fürbitte tut.

Der Heilige Geist

Wir glauben an den Heiligen Geist als eine Person, die eins ist mit dem Vater und dem Sohn, von ihnen gesandt, um im Menschen die Erlösung zu verwirklichen: Er überführt von Sünde, bewirkt die Wiedergeburt, leitet, lehrt, weist zurecht, bevollmächtigt, tröstet, wohnt in den Gläubigen, vereint sie in einem Leib und verherrlicht Christus.

 

Dies kann auch durch die folgende Auswahl grundlegender Bibelstellen belegt bzw. nachgelesen werden:

Johannes-Evangelium 1,1-3.14.18; 4,24; 14,6-11.16.17.26; 16,8-14
Apostelgeschichte 2,23
Römerbrief 8,1-17.26-27.32-34
2. Korintherbrief 3,17; 5,19
Philipperbrief 2,6-11
1.Timotheusbrief 3,16; 6,15-16
Hebräerbrief 1,6-8; 10,12-14
1. Johannesbrief 4,8-10
Judasbrief 25

Literatur:
Thiessen, H.C.: Lectures in Systematic Theology, Eerdmans Michigan 1977.
Adam, A.: Lehrbuch der Dogmengeschichte, Band 1: Die Zeit der Alten Kirche, Gütersloher Verlagshaus Mohn 1965
.

Buchhinweis:
McGrath, A.E.: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Eine Verstehenshilfe, R. Brockhaus 1991
.

© www.benaja.at - teilweise verfasst in den späten 1970ern, leicht überarbeitet 2010.

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